Aufgrund der Energiewende kommt es zu weitreichenden Veränderungen des Stromnetzes. Der Anteil erneuerbarer Energien soll kontinuierlich steigen, gleichzeitig muss die Netzstabilität jederzeit gewährleistet sein. Die atypische Netznutzung kann einen Beitrag dazu leisten, diese Herausforderung zu meistern.
Mit dem heutigen Artikel starten wir in eine neue Blogartikel Reihe und werden verschiedene Aspekte rund um das Thema Strom beleuchten. Den Auftakt macht heute der Blogbeitrag “Atypische Netznutzung und individuelle Netzentgelte”.
Wir werden uns mit folgenden Themen beschäftigen:
- Atypische Netznutzung und individuelle Netzentgelte
- Rückwirkende Berechnung und Lastgangprognose
- Analyse des Lastgangs: Disaggregation
Was ist atypische Netznutzung?
Netzbetreiber belohnen Anschlusskunden für ein Produktionsverhalten, das das Netz unterstützt und beispielsweise Lastspitzen in stark genutzten Zeiten abgeschwächt. Diese werden als Hochlastzeitfenster bezeichnet.
Hochlastzeitfenster sind prognostizierte Zeiträume mit der höchsten Netzlast. Das betrifft Zeiträume, in denen zum Beispiel gleichzeitig besonders viele Verbraucher Strom benötigen. Hierfür gibt die Bundesnetzagentur ein einheitliches Berechnungsverfahren vor, auf welches die Netzbetreiber zurückgreifen, um die Hochlastzeitfenster jährlich anzupassen. Berücksichtigt werden dabei nur die Werktage Montag bis Freitag. Wochenenden, Feiertage und Brückentage gelten als Nebenzeit.
Um die atypische Netznutzung in Anspruch nehmen zu können, sind zwei Voraussetzungen nötig. Die Lastspitze des Unternehmens innerhalb aller Hochlastzeitfenster muss um mindestens 100 kW reduziert werden verglichen mit der Maximallast außerhalb der Hochlastzeitfenster. Außerdem muss ein prozentualer Schwellenwert innerhalb und außerhalb der Hochlastzeitfenster durch die Lastreduzierung überschritten werden. Verschieben Unternehmen ihre eigenen Höchstlasten nun so, dass sie außerhalb der Hochlastzeitfenster liegen und die Bedingungen erfüllen, können die Netzbetreiber dieses netzdienliche Verhalten durch individuelle Netzentgelte belohnen und nur die Lastspitze innerhalb der Hochlastzeitfenster abrechnen.
Das Ziel der atypischen Netznutzung ist also dafür zu sorgen, dass das Netz innerhalb der Hochlastzeitfenster entlastet wird. Dieser netzdienliche Verbrauch kann entlohnt werden, indem die zu zahlenden Netzentgelte geringer ausfallen.
Was ist Netzentgelt überhaupt?
Das Netzentgelt ist Teil des Strompreises. Es ist die Gebühr, die für alle Nutzer des Versorgungsnetzes anfällt und ist an den Netzbetreiber zu zahlen. Die Entgelte werden entfernungsunabhängig berechnet und ermöglichen den Zugang zum Stromverteilungssystem und den Transport des Stroms. Es ist reguliert und wird vom Netzbetreiber transparent im Internet veröffentlicht.
Wer als Letztverbraucher das Netz besonders intensiv nutzt, oder wie atypische Netznutzer die Jahreshöchstlast in lastschwachen Zeiten hat, kann ein individuelles Netzentgelt vereinbaren.
Liegt eine atypische Netznutzung vor? Datenanalysen geben die Antwort!
Durch die genaue Analyse der Lastgänge im Zeitverlauf lassen sich beispielsweise folgende Fragen beantworten: Wann waren die Lastspitzen? Was ist die Jahreshöchstlast? Was war die Höchstlast pro Jahreszeit? Wann fällt die Last abends ab? Mithilfe von historischen Netznutzungsdaten kann der Lastgang für das laufende Jahr prognostiziert werden. Zudem kann die atypische Netznutzung auf Basis der laufenden Hochlastzeitfenster berechnet werden. Liegt der höchste Stromverbrauch außerhalb der Hochlastzeitfenster, liegt eine atypische Netznutzung vor und kann somit über individuelle Netzentgelte entlohnt werden. Genau für diese Datenanalyse entwickelt Geospin gerade einen Dienst, welcher im kommenden Jahr 2023 bereits zum Einsatz kommen soll. Bei Interesse wenden Sie sich gerne an unser Team.
Quellen:
https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Beschlusskammern/BK08/BK8_06_Netzentgelte/BK8_NetzE.html
